Der Gewinner der Médaille Charlemagne 2013 ist nun Karlspreisträger 2017: Timothy Garton Ash
Der britische Historiker und Schriftsteller Timothy Garton Ash wurde am Wochenende vom Karlspreisdirektorium als neuer Preisträger 2017 vorgestellt.
Seit vielen Jahren spricht sich Timothy Garton Ash für ein vereintes Europa aus. Er bezeichnet sich selbst als leidenschaftlichen Europäer und wirbt in seinen Schriften für ein vereintes Europa. Seine Stellung als bekannter Historiker und Kenner des europäischen Systems nutzte er, um die Notwendigkeit des vereinten Europas immer wieder dar zu legen. Und er spricht vom Brexit als der größten Niederlage seines politischen Lebens.
In der Begründung des Karlspreisdirektoriums für die Verleihung des Internationalen Karlspreises zu Aachen
an den britischen Historiker und Publizisten Professor Timothy Garton Ash heißt es:
Wenn die Europäische Union nicht nur ein System gemeinsamer politischer Institutionen oder ein gemeinsamer Markt sein soll, dann müssen die Fragen nach den geistigen Wurzeln der Gemeinschaft, nach ihrer Geschichte und ihrem inneren Zusammenhalt wieder stärker in den Mittelpunkt gerückt werden. Wenn ein Europa der Vielfalt nationale Identitäten bewahren und doch auch eine Form gemeinsamer Identität entwickeln soll, bedarf es einer Leitidee, basierend auf einem vereinenden Fundament gemeinsamer kultureller Wurzeln und einer gemeinsamen Geschichte, auf gemeinsamen Werten, Normen und Überzeugungen. Und es bedarf einer breiten Debatte über Selbstverständnis und Zielvorstellung eines geeinten Europas in einer immer enger zusammenrückenden, zunehmend vernetzten Welt.
Die Europäische Union durchlebt eine tiefe Krise – vielleicht die größte ihrer Geschichte. Bürger, aber auch das Vereinigte Königreich wenden sich vom Projekt der EU ab, andere verweigern die Solidarität. Vor allem die britische Entscheidung ist ein herber Rückschlag.
Die Gesellschaft für die Verleihung des Internationalen Karlspreises zu Aachen unterstützt seit ihrer Gründung den europäischen Integrationsfortschritt und weiß, dass Europa die Lehren aus der Krise ziehen und sich erneuern muss. Die Gestaltung der gemeinsamen europäischen Zukunft braucht heute mehr denn je den offenen Dialog, und sie braucht die Beteiligung vieler – der Bürgerinnen und Bürger, der Politik und der Wirtschaft, der Kultur und der Wissenschaft. Denn nur wenn im öffentlichen Diskurs Ziele und Erwartungen ebenso wie Schwächen und Grenzen der Gemeinschaftspolitik definiert werden, können die europäischen Völker wieder an die Europäische Union glauben und ihr vertrauen.
Die Zahl der Intellektuellen, die sich aktiv mit diesen, für das Vereinte Europa wesentlichen Fragen auseinandersetzen, schwindet. Dabei braucht Europa gerade heute überzeugende Persönlichkeiten, die sich in bester Tradition der Aufklärung einmischen, die Position beziehen, die mit Leidenschaft und intellektueller Schärfe den Weg der Union begleiten und kommentieren und die der Gemeinschaft auch gedankliche Tiefe geben. …
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